So läuft eine Kinderspielstadt ab
Erinnerungen von 2013
Rechtzeitig vor dem Eintreffen der Bürgerinnen und Bürger von Danubius richteten die engagierten Mitarbeiter die Stadt ein. Große Partyzelte und Hütten, die einen Teil der Berufsworkshops beherbergen sollten, wurden aufgestellt. Die Workshops wurden mit allem Nötigen ausgestattet. Die Anmeldung wurde organisiert und geplant. Und dann kam der große Moment. 107 Kinder wurden von den 43 Mitarbeitern und Betreuerinnen begrüßt, mit Bürgerausweis und Begrüßungsgeld versehen und durch die noch jungfräuliche Stadt geführt. Nach dem gemeinsamen Abendessen und der Wahl des Berufs für die ersten beiden Tage wurden die kleinen Spielstädter in ihre Quartiere gebracht. Die Trennung von den Eltern war in manchen Fällen nicht ganz einfach, aber die meisten Kinder fanden sich rasch mit der Situation ab und widmeten sich mit vollem Ernst dem Spiel. Am ersten Tag gab es schon viel zu entdecken! Polizisten, Feuerwehrmänner und -frauen präsentierten stolz ihre Uniformen und begannen gleich mit einem gemeinsamen Fitnesstraining. Beim Juwelier konnte man wunderbare Ohrgehänge mit Federn und anderen Modeschmuck erwerben.
Die Mitarbeiter im Kino entwarfen Werbestrategien, um Kunden anzulocken, in der Bäckerei duftete es schon bald verführerisch, und der Joghurt-Müsli-Stand konterte mit leckeren Kreationen. In der Schneiderei waren flinke Hände dabei, Täschchen für Mobiltelefone, Broschen und sonstige Accessoires anzufertigen. Die Reporter der Danbius News waren unermüdlich im Einsatz, um alle wichtigen Ereignisse zu dokumentieren und für die Nachmittagsausgabe druckfertig zu machen. Die Floristinnen holten ihre Schnittblumen direkt vom Feld und texteten auch Werbeslogans, die sie in ei-gener Choreographie aufführten. Die Radiosprecher machten wichtige Ansagen, verkauften Werbezeit oder sendeten Musik nach Wunsch. In der Tischlerei wurden Schlüsselanhänger mit dem Stadtwappen und andere Kleinigkeiten hergestellt und zum Verkauf angeboten. Das Seifen- und Kerzenatelier hatte für jeden Geschmack etwas im Angebot. Die Namensschilder aus dem Mandala-Laden fanden viele Abnehmer, und der Getränkestand war, wie nicht anders erwartet, immer gut besucht und bot neben der obligaten Limonade auch heiße Schokolade zum Verkauf an. Der Renner im Deutschen Institut war ein Mini-Wörterbuch in Deutsch, Serbisch, Ungarisch und Rumänisch. Auch die im Kreativladen beschäftigten Bürgerinnen und Bürger hatten Freude an der Fertigung von Geschenkartikeln und Postkarten jeder Art, die beschrieben und beim Reisebüro, das gleichzeitig als Post und Transportunter-nehmen fungierte, aufgegeben werden konnten. Das Reisebüro trumpfte mit den angebotenen Eselritten auf und auch die Ausleihe von Fahrrädern für kleine Stadttouren war ein gern in Anspruch genommenes Angebot.
Im Freizeitpark konnten sich all jene beim Tischtennis, Trampolinspringen und anderen Sportarten austoben, die in ihrem Workshop gerade keine Schicht schieben mussten. Freizeit konnte auch im Gemeindezentrum sinnvoll verbracht werden. Da wurden verschiedene Kurse angeboten, von japanischer Kimonobekleidung bis Magier-Akademie. Auch Bürger, die gegen die Regeln der Stadt verstießen und von der stets wachsamen Polizei erwischt wurden, hatten die Möglichkeit, ihre Strafe in gemeinnütziger Arbeit im Gemeindezentrum abzuarbeiten. Das Amt für Umwelt sorgte für die Sauberkeit in der Stadt, wachte über die Trennung von Müll und präsentierte Basteleien aus wiederverwertbarem Material. Die der Feuerwehr angegliederte Wäscherei sorgte dafür, dass es in den Food-Ständen immer sauberes Geschirr gab.
Etwas für gute Mathematiker war der Job als Bankangestellter. Auch der Safe musste überaus aufmerksam im Auge behalten werden. Eine schwierige Aufgabe, wie die Bankdiebstähle zeigten, die sich trotz aller Wachsamkeit ereigneten. Allerdings war die Aufklärungsrate dieser „Verbrechen“ sehr hoch und die Schuldigen erhielten ihre gerechte Strafe. Für die Rechtsprechung beschloss die Stadt, in Abwesenheit einer eigenen Gerichtsinstanz, das Amt für Arbeit und Konfliktlösung für zuständig zu erklären, und hier entwickelten die Mitarbeiter Methoden, Streitigkeiten fair zu schlichten.
Wer sich verletzte oder nicht wohl fühlte, war in der Arztpraxis gut aufgehoben. Da wurden auch Erste-Hilfe- und Hygiene-Kurse angeboten und die Mitarbeiter aller anderen Stände zur periodischen Routineuntersuchung eingeladen.
Im Laden gab es für die stadteigene Währung Seli alles für das Berufsleben Notwendige zu kaufen, von der Büroklammer bis zum Bienenwachs, von der Haarspange bis zu Arbeitshandschu¬hen oder Gartengeräten.
Geführt wurde die ganze Stadt von den Mitarbeitern im Rathaus, die gleichzeitig als Lokalrat fungierten und über Anträge und Verbesserungsvorschläge, die von den Bürgern und den Läden kamen, berieten, Subventionen genehmigten oder verweigerten und alle Hände voll zu tun hatten mit der Vorbereitung von Events in der Kinderspielstadt.
Das erste große Ereignis war die Bürgermeisterwahl, die gründlich vorbereitet werden musste. Wie im richtigen Leben machten die Kandidatinnen und Kandidaten in ihren Wahlreden viele Versprechungen. Es gab sogar einen Bestechungsskandal, der aber sofort aufgedeckt und in der Tages-zeitung öffentlich gemacht wurde.
Hoher Staatsbesuch wurde im Rathaus gebührend empfangen. Frau Judith Urban vom Konsulat der BRD in Hermannstadt gratulierte der Bürgermeisterin zur Wahl und zeigte sich erfreut über das rege Leben in der Stadt.
Eine Miss und Mister Danubius Wahl, die das Warenlager mit dem Rathaus gemeinsam organisierte, fand Anklang unter den Bürgerinnen und Bürgern und auch eine Eheschließungszeremonie für mehrere Paare gleichzeitig stand auf dem Programm. Ein besonderes Highlight war die Feuerjonglage an einem Abend in Seligstadt, wo großartige Feuerfiguren sich auf dem nächtlichen Himmel abzeichneten. Wie bei den Großen gab es aber nicht nur feierliche Momente, sondern auch ganz ernste. So wurde z.B. eine Protestaktion gegen hohe Müllgebühren organisiert, die danach vom Rathaus übernommen wurden, das wiederum das Geld aus den Steuern nehmen musste und dafür andere Dinge nicht mehr finanzieren konnte. Auch dies ein Lerneffekt für die Kinder und ein Einblick in die Zusammenhänge in der realen Welt. Nach so vielen erlebnis- und lehrreichen Tagen störte es kaum jemanden, dass es just während der Abschlussparty in Strömen regnete.
Und dann hieß es Abschied nehmen von Danubius und von den alten und neuen Freunden. Da blieb kaum ein Auge trocken. Es gab Versprechen, nächstes Mal wieder dabei zu sein, denn dass es ein näch-stes Mal geben würde, das wurde von niemandem in Zweifel gezogen.
Zeitungsarchiv von 2012
Zeitung Danubius Dienstag aktuell
Vom 15.-22. Juli 2012 wurde die Kinderspielstadt “Danubius” in Seligstadt und Bekokten durchgeführt.
90 Kinder und 45 Betreuer und Betreuerinnen aus Rumänien, Kroatien, Serbien, und Deutschland lebten in ihrer eigenen Stadt und waren auch für das Zusammenleben mitverantwortlich.
Im Verlauf dieser Woche konnten die Teilnehmer und Telnehmerinen verschiedene Berufe und Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Alltag ständig begegnen, z.B. Schneider, Bankangestellte, Bürgermeister und vieles mehr. Die hergestelten Produkte und Dienstleistungen haben einen echten Wert, der mit verdientem (Spiel)Geld bezahlt werden muss. Hierzu gehören Snacks, gebastelte Erinnerungsstücke ebenso wie ein Friseurbesuch oder ein Ausflug am Nachmittag.
Die Kinder konnten sich ihre Berufe selbst beim Arbeitsamt wählen und ihre Freizeit selbst gestalten. Auch einen Bürgermeister gab es in dieser Stadt. Johannes Henrich, 11 Jahre, setzte sich gegen die zwei Gegenkandidaten Antonio Ivanescu, 13 Jahre, und Victor Carabulea, 9 Jahre durch. Die Bürgermeisterwahl war am Dienstag und von diesem Zeitpunkt an hatte Bürgermeister Johannes viel zu tun. Am Mittwoch kündigte sich offizieller Staatsbesuch an, der im Rathaus empfangen werden musste. Generalkonsul Thomas Gerlach besuchte gemeinsam mit Herrn Urban Beckmann und Herrn Ronald Grätz vom Institut für Auslandsbeziehungen die Kinderspielstadt. Im Gespräch mit dem Bürgermeister erfuhren sie alle wichtigen Details vom Stadtleben, bekamen eine Stadtsführung und nette Erinnerungsstücke aus einigen Länden. Am Freitag wurde die Stadt um einen Delegation ds Bürgermeisteramts in Scharosch besucht.
Neben diesen Angelegenheiten organisierte der Bürgermeister Johannes Henrich, zusammen mit seinen Rathaus-Mitarbeitern eine Party für alle Bürger und Bürgerinnen der Stadt auf dem Marktplatz, und er durfte auch eine Trauung vollziehen.
Um eine geeignete Spielumgebung zu schaffen, hat man es, von der Organisation her, sehr ernst genommen. Das zeigte sich in den enormen Renovierungsarbeiten, die an dem Gebäude der ehemaligen deutschen Schule, sowie an dem Kultursaal und seinen Nebenräumen vorgenommen wurden. Monatelang waren viele Kräfte unermüdlich im Einsatz für die Errichtung der Infrastruktur, der Anmeldung der Teilnehmenden, der Konzeption und Plannung des Gesamtprojekts, damit die Kinderspielstadt Danubius am 15 Juli 2012 für die Kinder im Alter von neun bis dreizehn Jahren, sowie für die Betreuer und Betreuerinnen ihre Tore öffnen konnte.